
Betreuung im Alter: Für eine Finanzierung via Ergänzungsleistungen
Da Betreuungsleistungen heute nicht von den Ergänzungsleistungen (EL) abgedeckt werden, sind viele EL-Bezügerinnen und -Bezüger trotz niedriger Pflegestufe in einem Alters- und Pflegeheim. Das möchte der Bund mit einer Finanzierungsvorlage ändern. Der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) begrüsst das Vorhaben und bringt sich für die Gemeinden in den parlamentarischen Prozess ein.
Sicherzustellen, dass Menschen in Würde und selbstbestimmt alt werden können, ist für die Gemeinden und Städte ein zentrales Anliegen. Die meisten Menschen wollen so lange wie möglich in der eigenen Wohnung bleiben. Dafür braucht es neben einer wohnortnahen Versorgung und Pflege insbesondere auch bedarfsgerechte Betreuungs- und Unterstützungsleistungen sowie Angebote, die das soziale Miteinander fördern.
Betreuung im Alter wird im Moment auf allen politischen Ebenen breit diskutiert, denn der Problemdruck nimmt zu. Die Zahl der betagten Menschen, die Betreuung benötigen, wird sich in den nächsten 20 bis 30 Jahren massiv erhöhen. Ein grosser Teil wird dabei nicht auf die Unterstützung von Angehörigen zurückgreifen können. Zudem können sich nicht alle Menschen eine gute Betreuung im Alter leisten. Weil das betreute Wohnen bei den EL bislang nicht anrechenbar ist, bleibt vielen Personen, die auf EL angewiesen sind, oftmals nur das Pflegeheim, trotz niedriger Pflegestufe. So entstehen Fehlanreize.

«Die Alterspolitik ist im Wandel. Verschiedene Städte und Gemeinden haben Altersleitbilder und -strategien verabschiedet, die auch die Betreuung miteinbeziehen und diese strategisch verankern.»
Auf kommunaler Ebene läuft einiges
Die Alterspolitik ist im Wandel. Verschiedene Städte und Gemeinden haben Altersleitbilder und -strategien verabschiedet, die auch die Betreuung miteinbeziehen und diese strategisch verankern. Die kommunale Ebene nimmt in der konkreten Planung und Umsetzung der Betreuung und Begleitung von älteren Menschen eine Schlüsselrolle ein. So schafft sie etwa eigene Angebote und investiert in die aufsuchende Altersarbeit wie in Aarau oder bietet mit Betreuungsgutsprachen (Stadt Bern) oder Gutscheinen (Luzern, Küssnacht [SZ]) eine Unterstützung. Mit der Förderung der Nachbarschaftshilfe und der Freiwilligenarbeit trägt sie zur Koordination der Akteure und Angebote vor Ort bei. Bei all diesen Bemühungen kommen die kommunalen Behörden aber an ihre Grenzen. Um im Bereich der Betreuung und insbesondere der Betreuungsfinanzierung eine flächendeckende Verbesserung zu erreichen, braucht es den Bund.
Parlament will betreutes Wohnen fördern
Um das selbstbestimmte Wohnen von EL-Beziehenden zu fördern und unnötige, verfrühte und kostentreibende Heimeintritte zu verhindern, sollen Betreuungsleistungen künftig über die EL vergütet werden (Geschäft 24.070). Der SGV begrüsst das Vorhaben und bringt sich für die Gemeinden in den parlamentarischen Prozess ein. Bereits im Juni 2024 lud der SGV zu einem Sessionsanlass mit dem Thema «Betreuung im Alter». Im Oktober nahm der SGV an der parlamentarischen Anhörung vor der nationalrätlichen Gesundheitskommission SGK-N Stellung zur Vorlage.
Der SGV befürwortet, dass Betreuungsleistungen unabhängig von der Wohnform – im eigenen Zuhause oder in einer betreuten Institution – via EL vergütet werden sollen. Das ist ein zentrales Anliegen, weil sonst wieder neue Ungleichheiten und Finanzierungslücken entstehen. Wichtig ist auch, dass die Regelung gleichermassen für betagte und behinderte Menschen gilt, die Betreuung breit definiert wird und die Leistungen nicht an die Hilflosenentschädigung gekoppelt sind. Ein Betreuungsbedarf ergibt sich oftmals vor einer Hilflosigkeit. Und auch die Erwähnung des psychosozialen Aspekts von Betreuung bei den Bestimmungen zu den Leistungskategorien trägt diesem breiten Verständnis Rechnung. Schliesslich begrüsst der SGV, dass für die zusätzlichen Leistungskategorien Pauschalen vorgesehen sind und damit eine Vorfinanzierung entfällt, die gerade für Menschen mit knappen Mitteln eine grosse Hürde darstellen würde.

«Auf alle Staatsebenen kommen in den nächsten Jahren zusätzliche Aufgaben und Kosten zu, weshalb auch der Bund Verantwortung bei diesem Thema übernehmen muss.»
Alle Staatsebenen in der Verantwortung
Kritisch sieht der SGV hingegen, dass für die Finanzierung die Kantone und Gemeinden aufkommen sollen. Angesichts der demografischen Entwicklung müssen alle drei föderalen Ebenen Verantwortung bei diesem Thema übernehmen. Auf alle kommen in den nächsten Jahren zusätzliche Aufgaben und Kosten zu. Die Städte und Gemeinden finanzieren die EL heute bereits in elf Kantonen wesentlich mit. Mindestens der Mietzinszuschlag für eine altersgerechte Wohnung muss daher in die jährlichen EL aufgenommen werden.
Der Nationalrat hat im Dezember 2024 Ja gesagt zur Vorlage und zusätzliche für die Gemeinden wichtige Elemente beim Leistungsbeschrieb (psychosozialer Aspekt) und bei der Finanzierung (flexible Pauschale) aufgenommen. Um flächendeckend bei der Betreuungsfinanzierung eine Verbesserung zu erreichen, braucht es diese Bundesvorlage. Das Parlament hat einen wichtigen Hebel, um die Rahmenbedingungen für eine schweizweite Finanzierung des betreuten Wohnens festzulegen. Der Ständerat entscheidet in der Frühlingssession 2025.
