Der Krieg in der Ukraine bewegt die Gemeinden
Mit der Ankunft ukrainischer Flüchtlinge stellen sich viele Fragen für die Gemeinden. Marc Bilger ist bei der Stadt Wil für das Departement Gesellschaft und Sicherheit zuständig und erzählt, wie die Stadt sich vorbereitet und versucht hat, die offenen Fragen zu beantworten.
Und plötzlich stehen ukrainische Flüchtlinge am Gemeindeschalter: Diese Situation dürften Anfang März viele Gemeinden erlebt haben. So auch die Stadt Wil (SG). Als Erstes sei eine Frau mit ihrem Kind im Kindergartenalter gekommen, erzählt Marc Bilger, Departementsleiter Gesellschaft und Sicherheit der Stadt Wil. Die Gemeindeangestellten waren zu diesem Zeitpunkt bereits vorbereitet und wussten, was zu tun war.
Die Frau hatte sich bereits beim Bundesasylzentrum in Altstätten gemeldet, um den Schutzstatus S zu erhalten. Die Frage nach dem Wohnraum stellte sich nicht, da sie bei Bekannten unterkam. Abzuklären galt es aber, wann und wo das Kind den Kindergarten besuchen könnte. «Es ist unser Ziel, möglichst rasch Tagesstrukturen für die Flüchtlinge schaffen zu können.»
Die Frage nach dem Wohnraum
In der Regel melden sich die Flüchtlinge bei den Bundesasylzentren, wo sie registriert werden und den Schutzstatus S verliehen bekommen. Anschliessend werden sie auf die Kantone verteilt, die sie wiederum an die Gemeinden verteilen.
Als Anfang März absehbar wurde, dass ukrainische Flüchtlinge binnen Tagen die Schweiz erreichen könnten, wurde die Stadt rasch aktiv. «Der schwierigste Teil im ersten Moment war, abzuschätzen, wie viele Leute kommen würden und welches die drängendsten Fragen sein würden», so Marc Bilger. «In Wil war ein wichtiger Punkt der Wohnraum, denn dieser ist in unserer Region sowieso eher knapp.» Die Gemeinde habe Kontakt mit Immobilienverwaltungen aufgenommen, um selbst Wohnungen anmieten zu können. Dieses Vorgehen sei bekannt, habe man dies doch auch bereits für andere Flüchtlinge gemacht. «Jetzt stellte sich aber die Frage nach der Grössenordnung.» Manche Immobilienverwaltungen hätten sogar angeboten, Wohnungen gratis zur Verfügung zu stellen.
Grosse Solidarität
Marc Bilger beobachtete von Anfang an eine grosse Solidarität in der Bevölkerung. Auf der Stadtverwaltung meldeten sich zahlreiche Einwohnerinnen und Einwohner, die ihre Hilfe anboten, zum Beispiel Übersetzungsdienste, aber auch Wohnraum. «Wir sammeln diese Angebote bei uns zentral und sagen den Interessierten, dass wir uns bei Ihnen melden, sobald wir die Hilfe brauchen können.» Er fügt an: «Dass die Menschen ihre Hilfe so aktiv anbieten, habe ich zuvor noch nie erlebt. Dieser Krieg scheint sie sehr stark zu berühren.»
Die Stadt Wil arbeitet überdies mit verschiedenen Partnern zusammen, zum Beispiel dem Solidaritätsnetz der Evangelischen Kirchgemeinde Wil oder dem Quartiertreff Lindenhof. Diese bieten allem voran Deutschkurse an; dies bereits vor Ausbruch des Krieges. Die Gemeinde tauscht sich überdies mit anderen St. Galler Gemeinden aus, etwa im Rahmen des Verbands der St. Galler Gemeindepräsidenten oder der St. Gallischen Konferenz der Sozialhilfe. Enger Kontakt besteht auch zum Trägerverein Integrationsprojekte St. Gallen.
Informationen:
Der Schweizerische Gemeindeverband hat auf seiner Homepage verschiedene hilfreiche Informationen zum Thema Flüchtlinge aus der Ukraine zusammengestellt und aktualisiert diese laufend: www.chgemeinden.ch/de/news/ukraine-krise/
«Dass die Menschen ihre Hilfe so aktiv anbieten, habe ich zuvor noch nie erlebt. Dieser Krieg scheint sie sehr stark zu berühren.»