
Der Weg über finanzielle Resilienz zur klaren Finanzstrategie
Für Gemeinden ist die Fähigkeit, finanzielle Risiken und Krisen zu antizipieren, diese zu bewältigen sowie aus den Krisen zu lernen, eine zentrale Kompetenz. BDO hat gemeinsam mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW das Resilienz-Playbook entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Hilfestellung, die Gemeinden in zehn Schritten von der Bewertung der finanziellen Resilienz bis zur Erarbeitung einer nachhaltigen Finanzstrategie unterstützt. Sie finden darin konkrete Praxisbeispiele und Hilfestellungen.
Finanzielle Resilienz ist die Fähigkeit eines Gemeinwesens, mittelfristig und nachhaltig auf interne wie externe Herausforderungen zu reagieren. Dazu gehört die Fähigkeit, Krisenereignisse zu antizipieren und ohne nachhaltige finanzielle Folgeschäden rasch zu überwinden. Globale Krisen wie Pandemien, der Klimawandel oder lokale Herausforderungen wie demografischer Wandel und Infrastrukturanforderungen stellen grosse Belastungen für die öffentlichen Finanzen dar. Gleichzeitig gibt es wenig Spielraum, da der Grossteil der Budgets für gesetzliche Aufgaben gebunden ist, während Ambitionen und Ziele wie nachhaltige Entwicklung oder Digitalisierung Investitionen erfordern. Die finanzielle Resilienz zeigt sich darin, dass das übliche Leistungsniveau einer Organisation trotz Krise aufrechterhalten oder zumindest schnell wieder erreicht werden kann – ohne, dass im Anschluss Ausgaben reduziert oder Einnahmen erhöht werden müssen.
Die finanzielle Resilienz lässt sich in einem Haus mit sieben Bausteinen darstellen (vgl. Abbildung). Nebst dem richtigen kulturellen Fundament geht es darum, zu antizipieren und strategisch zu steuern. Die Resilienz wird durch finanzielle Puffer, durch Diversifikation und durch Flexibilität erreicht. Wir sind überzeugt, dass eine bewusste Auseinandersetzung mit diesen Themen die finanzielle Resilienz, oder anders gesagt die finanzielle Widerstandskraft, erhöht.
Die Entstehung der Finanzstrategie
Die strategische Auseinandersetzung mit dem Thema Finanzen ist aus den oben genannten Gründen unerlässlich und wird idealerweise in einer Finanzstrategie dargestellt. Grundlage einer Finanzstrategie ist ein systematischer Entwicklungsprozess, der alle relevanten Anspruchsgruppen einbezieht. Die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen finanziellen Resilienz (Schritt 3) ist ein zentraler Faktor. Dadurch kann eine gemeinsame Haltung erarbeitet werden, und die Finanzstrategie kann ihre Wirkung entfalten – indem sie breit akzeptiert und gut verankert ist.
Der Prozess vom Start der Erarbeitung einer Strategie zur Verankerung und Überprüfung lässt sich in die zehn folgenden Schritte unterteilen:
1. Projektstart: Definition der Projektorganisation, Festlegen von Zielen und Meilensteinen
2. Strategisches Umfeld analysieren: Untersuchung des externen Umfelds, Erarbeitung von Szenarien
3. Finanzielle Resilienz bewerten: Analyse der internen Stärken und Schwächen des finanziellen Führungssystems, Diskussion politischer und fachlicher Perspektiven
4. Finanzpolitische Grundsätze ableiten: Einbezug der politischen Führung zur Festlegung der Leitlinien in Abstimmung mit strategischen Gemeindezielen (vgl. Praxisbeispiele Stadt Schlieren / Winterthur, S. 40/41 Resilienz-Playbook)
5. Ziele definieren: Festlegung klarer, messbarer Ziele im Einklang mit den finanzpolitischen Grundsätzen und Realisierbarkeit im strategischen Zeitrahmen (vgl. Musterziele, S. 43 Resilienz-Playbook)
6. Massnahmen definieren: Entwicklung konkreter Massnahmen, Klärung von Verantwortlichkeiten und Umsetzungsfristen mit Beachtung der Finanzierbarkeit (vgl. Beispiel Stadt Biel, S. 45 Resilienz-Playbook)
7. Finanzstrategie formulieren und verabschieden: Zusammenfassung der Ergebnisse in einer konsistenten und verständlichen Strategie, die von der Exekutive final verabschiedet wird (vgl. Vorlage Inhalt einer Finanzstrategie, S. 49 Resilienz-Playbook)
8. Finanzstrategie verankern: Integration der Strategie in finanzielle Führungsinstrumente wie Budget- und Finanzplanung, womöglich auch gesetzliche Verankerung
9. Strategie- und Massnahmencontrolling: Bereitstellung eines kontinuierlichen Monitoringsystems, das regelmässig diskutiert und an Entscheidungsprozesse gekoppelt wird
10. Finanzstrategie überprüfen und anpassen: Regelmässige Überprüfung der Zielerreichung und flexible Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen
Fazit: Künftige Herausforderungen besser bewältigen
Die Gestaltung einer kohärenten Finanzstrategie verlangt eine proaktive Auseinandersetzung mit der finanziellen Entwicklung sowie ein einheitliches Verständnis zwischen politischen und fachlichen Akteuren. Die Anwendung der im Resilienz-Playbook dargelegten Grundlagen soll Städte und Gemeinden dabei unterstützen, ihre finanzielle Widerstandsfähigkeit zu stärken und zukünftige Herausforderungen mithilfe einer Finanzstrategie besser bewältigen zu können.
Resilienz-Playbook
Wer sich vertieft mit der finanziellen Resilienz seiner Gemeinde oder Stadt befassen will, muss das Rad nicht neu erfinden. Mit dem Resilienz-Playbook steht ein öffentlich zugängliches Dokument zur Verfügung, das als Inspiration und Anleitung mit verschiedenen konkreten Praxisbeispielen dienen kann.
Zum Resilienz-Playbook: https://www.zhaw.ch/storage/sml/institute-zentren/ivm/pfm/Resilienz_Playbook_Final.pdf