
Entlastungspaket 27: zurück auf Start!
In der laufenden Wintersession wird das Entlastungspaket 27 des Bundesrates erstmals im Parlament beraten. Die Einwände der Gemeinden wurden dabei kaum berücksichtigt. Schlimmer noch: Weder Gemeinden noch Kantone waren bei der Erarbeitung des Pakets involviert. Zudem droht dieses in der heutigen Form an der Urne zu scheitern. Darum fordert der Schweizerische Gemeindeverband (SGV): Abbruch der Übung und die Erarbeitung eines neuen Pakets mit Kantonen und Gemeinden in Koordination mit der Entflechtung 27.
Die Bundesfinanzen sind grundsätzlich sehr gesund. Seit den defizitgeprägten 1990er-Jahren gingen die Schulden nominal zurück, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) haben sie sich sogar etwa halbiert und betragen derzeit rund 17 Prozent des BIP. Zum Vergleich: In vielen Industrieländern beträgt diese Quote mehr als 100 Prozent. Diese gute Ausgangslage hat etwa erlaubt, während der COVID-19-Pandemie die Wirtschaft grosszügig zu unterstützen. Zu verdanken ist die gute Situation vor allem der Schuldenbremse. Diese verlangt, dass die Budgets ausgeglichen sein müssen, wobei konjunkturbedingt gewisse Abweichungen möglich sind. Da die Rechnung meist deutlich besser ausfällt als budgetiert und die resultierenden Überschüsse nicht in Folgejahren ausgegeben werden, führt die Mechanik der Schuldenbremse zu einem stetigen Schuldenabbau.
Entlastungspaket aufgrund drohender Defizite
Die Aussichten haben sich aber eingetrübt. Mehrausgaben für die Armee, die 13. AHV-Rente sowie demografiebedingt steigende Ausgaben etwa bei der Prämienverbilligung und bei der AHV sorgen dafür, dass trotz steigender Einnahmen ab 2027 Defizite im Umfang von bis zu vier Milliarden Franken drohen. Die Schuldenbremse könnte damit nicht mehr eingehalten werden, weshalb der Bundesrat Handlungsbedarf sieht. Der SGV anerkennt diesen grundsätzlich. Das Entlastungspaket umfasst insgesamt 57 Massnahmen in der Höhe von rund drei Milliarden Franken jährlich, wobei fast alle ausgabenseitig anfallen, also Sparmassnahmen darstellen. 36 der Massnahmen bedingen eine Gesetzesänderung. Die restlichen 21 Massnahmen bedingen keiner Gesetzesänderung und setzen bei den schwach gebundenen Ausgaben an, die nicht per Gesetz festgelegt sind und bei denen das Parlament im Rahmen des jährlichen Budgetprozesses Spielraum hat.
Gemeinden und Kantone nicht einbezogen
Der Bundesrat hat das Paket in Eigenregie erarbeitet, ohne Einbezug der Gemeinden und Kantone. Dabei hat er auch diverse Massnahmen beschlossen, die eine Lastenverschiebung hin zu den anderen Staatsebenen bedeuten. Im Jahr, in dem wir das 25-Jahr-Jubiläum des Art. 50 der Bundesverfassung feiern, der die Pflicht des Bundes umfasst, bei seinem Handeln die möglichen Auswirkungen auf die Gemeinden zu berücksichtigen, ist dies besonders stossend. Der SGV hat dies im Rahmen der Vernehmlassung kritisiert. Auch hat er sich ablehnend geäussert zu Massnahmen, bei denen die Gemeinden am meisten betroffen sind, etwa bei der Kürzung der Globalpauschalen im Asylbereich.
Der Bundesrat hat jedoch am Paket kaum Änderungen vorgenommen und es dem Parlament vorgelegt, das es in der laufenden Wintersession erstmals berät. Damit ignoriert er nicht nur die Gemeinden, sondern riskiert auch, dass das Referendum ergriffen wird. Das Entlastungspaket dürfte an der Urne kaum Chancen haben. Zu viele Interessengruppen fühlen sich durch das Paket benachteiligt. Wenn dies passiert, muss bei den schwach gebundenen Ausgaben ohne zugrunde liegende Strategie umso mehr gespart werden.
Neustart drängt sich auf
Vor diesem Hintergrund ergibt es kaum Sinn, sich nur gegen einzelne Massnahmen des Paketes zu stellen. Es braucht einen Abbruch der Übung und einen Neustart unter Einbezug der Gemeinden und Kantone. Dies in Koordination mit der wenig bekannten, aber sehr wichtigen Entflechtung 27. Dabei geht es darum, die staatlichen Aufgaben sinnvoll und unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips zwischen den Staatsebenen mit möglichst wenigen Verflechtungen aufzuteilen. Dabei kann es sinnvoll sein, dass staatliche Aufgaben vom Bund den Kantonen und Gemeinden übergeben werden. «Wenn Aufgaben zurück zu den Gemeinden gehen, dann können und sollen diese sie auch finanzieren», meint SGV-Präsident und Ständerat Mathias Zopfi. So könnte der Bund entlastet werden – die Gemeinden würden dann aber auch selbst bestimmen, wie sie die Aufgaben angehen.
Lastenverschiebungen hin zu den Gemeinden, ohne dass diese die Entscheidungshoheit erhalten, lehnt der SGV jedoch entschieden ab. Auch ist der SGV der Ansicht, dass einnahmenseitige Massnahmen, also Steuererhöhungen, in einem ausgewogenen Paket nicht tabu sein dürfen.
«Wenn Aufgaben zurück zu den Gemeinden gehen, dann können und sollen diese sie auch finanzieren.»