Die Ausgaben auf Bundesebene in den Covid-Jahren waren naturgemäss am höchsten.

Gemeindefinanzen sind fast immun gegen Covid-19

21.02.2022
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Ebenso erfreulich wie erstaunlich: Nur wenige Gemeinden mussten in den letzten beiden Jahren ihre Steuern heraufsetzen. Und kaum eine als Folge der Pandemie.

1,5 Millionen Infektionen, 12'400 Tote bis Mitte Januar 2022. Das menschliche Leid, das durch das Coronavirus auch in unserem Land verursacht wurde und wird, ist gross. Dementsprechend liessen sich nach dem Ausbruch der Pandemie auch die Befürchtungen der Wirtschafts- und Finanzexperten vernehmen: «Als Folge der Covid-Seuche wird die Wirtschaft die grösste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten zu überwinden haben», befürchtete die Eidgenössische Finanzverwaltung damals. Die Finanzen der öffentlichen Hand würden tiefrot ausfallen.

Dieses Bild war deutlich zu schwarz gemalt, wie sich heute nun zeigt. Dies ganz speziell in Bezug auf die Gemeinden. Nach dem Ende des ersten Covid-Jahres 2020 und auf Basis der Projektionen für das abgelaufene und das laufende Jahr zeigt sich ein erstaunlich robustes Bild der Gemeindefinanzen. Covid hat sie nicht in Schieflage gebracht, wie eine Umfrage in 15 Kantonen zeigt.

Bern sieht kaum Covid-Effekte

«Als generelles Fazit können wir festhalten, dass bei den Berner Gemeinden kein Trend zur Erhöhung der Steueranlagen aufgrund der Pandemie feststellbar ist und dass mögliche Auswirkungen von Covid-19 in den Gemeinden unterschiedlich spürbar sein werden», sagt Rolf Widmer, Abteilungsleiter Gemeinden im Kanton Bern. Der Vergleich der Steueranlagen 2020 zu 2021 und die Veränderung zwischen den beiden Jahren zeigt nach Widmer folgendes Bild: 23 Gemeinden haben ihre Steueranlage angepasst. Es gab 10 Steuersenkungen und 13 Erhöhungen. «Dies entspricht in etwa den Steueranlageveränderungen der Vorjahre und ist nicht aussergewöhnlich.»

Ähnlich das Fazit bei den drei Glarner Gemeinden: «Bei uns gibt es keinen Trend zu Steuererhöhungen als Folge von Covid-19», erklärt Urs Kundert von der Fachstelle für Gemeindefragen des Kantons Glarus. Für den Kanton Zug kommt Peter Hausherr, Vorsitzender der in Zug domizilierten Gemeindepräsidenten-Konferenz (GPK) zum gleichen Schluss: «Die Pandemie hat bei unseren Gemeinden keinen Trend zu Steuererhöhungen zur Folge gehabt.»

Dito bei den Bündner Gemeinden. «Bei unseren Gemeinden gibt es keinen deutlichen Trend zu kommunalen Steuererhöhungen», sagt der Bündner Regierungsrat Christian Rathgeb. Für den Politiker ist dies eigentlich gar nicht so erstaunlich: «Der allergrösste Anteil an finanzieller Unterstützung zur Minderung der pandemischen Auswirkungen in den Jahren 2020 und 2021 ist ja von Bund und Kanton getragen worden.» 

«Im Kanton Aargau geht das kantonale Gemeindeamt aufgrund erster Rückmeldungen und aufgrund von Medienberichten aus dem Kanton ebenfalls nicht davon aus, dass es bei den Steuerfüssen 2022 einen klaren Trend nach oben geben wird», bestätigt Amtsleiter Jürg Feigenwinter.

Die Westschweiz tickt nicht anders

Kurz und prägnant die Ausführungen aus dem Kanton Neuenburg: «Wir beobachten keine Covid-Steuereffekte für die abgelaufenen beiden Jahre.». Und auch 2022 seien bei den Gemeinden keine Steuererhöhungen geplant.

Von den 236 Waadtländer Gemeinden planen aktuell 23 eine Steuererhöhung und 41 eine -senkung. Grund für die Steuererhöhungen sei aber nicht die Pandemie, sondern die Folgen des Finanzausgleichs, erklärt Fabio Cappelletti von der Abteilung Gemeindefinanzen.

Gerade umgekehrt ist es bei den Freiburger Gemeinden. Von diesen verzeichnen für das abgelaufene Jahr 4 Steuersenkungen und 14 Steuererhöhungen. Diese Erhöhungen wurden aber bei keiner der betroffenen Gemeinden mit den Auswirkungen der Pandemie begründet.

«Bis heute gibt es keinen Trend zu Steuererhöhungen als Folge von Covid-19», heisst es im Kanton Tessin. Das bedeute aber nicht, dass die Pandemie keinen Einfluss auf die Ergebnisse der Gemeinden gehabt habe. Vielmehr hätten die eventuellen Verluste vom Eigenkapital absorbiert werden können, erklärt John Derighetti von der Abteilung der Tessiner Gemeinden.

Unternehmenssteuerreform zeigt mehr Wirkung als Covid

Der Kanton Solothurn bildet keine Ausnahme. Bezogen auf die vorliegenden Zahlen 2019 /2020 könne kein Covid-Effekt festgestellt werden. Die rückläufigen Steuereinnahmen bei den juristischen Personen seien nicht auf die Pandemie zurückzuführen, sondern in erster Linie auf die Unternehmenssteuerreform III (STAF 2020). «Im Kanton Solothurn ist der Gewinnsteuersatz im Rahmen dieser Reform innert drei Jahren von 21,2 Prozent auf 15,1 Prozent gesenkt worden», erläutert Thomas Steiner, Leiter Gemeindefinanzen.

Der Kanton Thurgau verweist mit Stolz darauf, dass die Finanzhaushalte der Gemeinden intakt geblieben seien. Pandemie hin oder her: «Die überwiegende Mehrheit der Gemeinden hat das von der Coronapandemie geprägte Rechnungsjahr 2020 mit einem Ertragsüberschuss abgeschlossen», gibt Chandra Kuhn, Geschäftsleiterin Verband Thurgauer Gemeinden, zu Protokoll.

«Ein Blick auf die Gemeinden des Kantons Zürich zeigt, dass auch hier nur vereinzelt höhere Steuerfüsse erhoben werden müssen», vermeldet Alexander Haus, Leiter der Abteilung Gemeindefinanzen. Tendenziell sei 2022 aber häufiger mit Aufwandüberschüssen und als Folge davon mit einem tieferen zweckfreien Eigenkapital und steigenden Schulden zu rechnen.

In einigen Kantonen gibt es tiefere Steuern

Sehr entspannt sieht die Situation bei den St. Galler Gemeinden aus: «In den Gemeinden unseres Kantons ist kein Trend zu Steuererhöhungen erkennbar», sagt Alexander Gulde, Leiter des Amtes für Gemeinden und Bürgerrecht: «Im Gegenteil. So haben etwa im vergangenen Jahr 14 der 77 Gemeinden ihren Steuerfuss gesenkt. Keine einzige musste eine Steuererhöhung vornehmen.» Auch für das kommende Jahr hätten bereits erste Gemeinden eine Steuerfusssenkung angekündigt

Ähnlich positiv präsentiert sich die Lage im Kanton Luzern. «Sowohl der Kanton als auch verschiedene Gemeinden werden für 2022 die Steuern senken können», unterstreicht Beat Fallegger, Leiter Finanzaufsicht Gemeinden. Die Mehrheit der Gemeinden könne den Steuerfuss 2022 auf dem Niveau des Vorjahres belassen: «Nur einige wenige Gemeinden müssen den Steuerfuss leicht erhöhen. Dies aber infolge struktureller Probleme und nicht wegen Corona», betont Fallegger.

In der Stadt und Gemeinde Basel war und ist der finanzielle Spielraum vorhanden, um die Covid-Mehrausgaben aufzufangen. Steuererhöhungen sind deshalb keine geplant. Vorgesehen sind im Gegenteil Massnahmen zur Entlastung der Bevölkerung.