Mittels einer Business-Impact-Analyse erstellt die Stadt Baden Pläne zum Umgang mit aussergewöhnlichen Lagen.

Geübter Umgang mit externen Bedrohungen

31.01.2023
1-2 l 2023

Aufgrund der Coronapandemie sind wir krisenerprobter geworden. Die mögliche Energiemangellage könnte aber Gemeinden und ihre Einwohner erneut auf die Probe stellen. Am Beispiel der Stadt Baden zeigen wir auf, wie man sich auf solche Ereignisse vorbereiten kann.

Business Continuity Management (BCM) hat seinen Ursprung im Militärischen. Schon 500 v. Chr. war den Feldherren klar: Mach dir Gedanken, was passieren könnte und wie deine Reaktion auf die jeweiligen Vorkommnisse aussieht, um die Schlacht oder das Lager nicht zu verlieren. Dieser Gedanke wurde über die Jahre weiterentwickelt, bis sogar ISO-Normen zu diesem Thema verfasst wurden. Damit sich auch eine Gemeinde mit kleinem Budget und ohne ISO-Zertifizierung rasch einen Überblick über ihre vulnerablen Tätigkeiten und Gegenmassnahmen machen kann, sind pragmatische Ansätze gefragt. Der Grundgedanke von BCM bleibt, eine Organisation widerstandsfähiger zu machen.

Auswahl Szenarien durch Risikomanagement

Risikomanagement ist die Grundlage für BCM. Aufgabe und Ziel des Risikomanagements ist es, die Risiken für eine Organisation zu identifizieren und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schaden zu bestimmen. Auf diesem Fundament können Kritikalitätsanalysen ausgeführt und BCM-Pläne entwickelt werden.

Die Stadt Baden führte 2021 das Risikomanagement ein. Aus diesem Prozess wählte das Projektteam BCM-relevante Szenarien mit hohem Schadenpotenzial. Eines davon ist die Strommangellage.

Bestimmung Kerntätigkeiten

Ziel der BCM-Aktivitäten ist es nun, einem solchen Szenario widerstehen zu können. Das heisst, die Kerntätigkeiten der Organisation trotz Ausfällen weiterzuführen oder schnellstmöglich wieder aufzunehmen. Dazu müssen die Kernprozesse, deren Abhängigkeiten und die dazu benötigten Ressourcen bekannt sein.

Die Stadt Baden einigte sich, BCM für einen Pilotprozess durchzuführen. In der Folge soll das System auf die gesamte Verwaltung ausgerollt werden.

Bewertung Szenario auf Prozess

Kernstück der BCM-Tätigkeiten ist die Business-Impact-Analyse (BIA). Sie simuliert die relevanten Ausfallszenarien und bewertet die Auswirkungen auf die Abläufe und Finanzen der Organisation. Die BIA deckt Schwachstellen auf und erlaubt es, Strategien zur Risikominimierung zu entwickeln.

Bei der Stadt Baden betrachteten die Prozessverantwortlichen den Einfluss einer Strommangellage auf den ausgewählten Pilotprozess. Die Auswirkungen wurden in Bezug auf die Parameter «Finanzen», «Personal», «Systeme», «Infrastruktur» und «Reputation» auf einer sechsstufigen Skala bewertet.

Als besonders wertvoll empfanden die teilnehmenden Personen in diesem Schritt die Diskussion, die zur Bewertung führte. Dabei wurde das Verständnis der eigenen Kapazitäten geschärft und wurden Erfahrungen aus ähnlichen Situationen thematisiert.

Definition Notfallorganisation und -pläne

Die moderierte Auseinandersetzung mit Ausfallszenarien und den eigenen Ressourcen deckt sowohl Schwachstellen und Abhängigkeiten wie auch Stärken und Möglichkeiten der eigenen Organisation auf.

Mit den Erkenntnissen der Business-Impact-Analyse können sämtliche BCM-relevanten Bereiche der Stadt Baden Pläne zur Handhabung einer aussergewöhnlichen Lage erstellen. Prioritäten und Handlungsanweisungen sowie mögliche Alternativen werden dabei definiert, und die Verfügbarkeit von kritischen Notfallressourcen wird dokumentiert.

Dr. David Müller, Stabschef Stadt Baden, sagt dazu: «Das integrale Risikomanagement zeigt uns deutlich auf, welchen Bedrohungen wir ausgesetzt sind. Die Einführung eines systematischen Business Continuity Managements erlaubt uns dann, all unsere Möglichkeiten gezielt einzusetzen und der nächsten Krise, welcher Art sie auch sein mag, entschlossen entgegenzutreten.»

«Das integrale Risikomanagement zeigt uns deutlich auf, welchen Bedrohungen wir ausgesetzt sind.»

Dr. David Müller, Stabschef Stadt Baden

Navigieren in unsicheren Zeiten

Niemand kann die nächste Krise vorhersagen. Jedoch ist sicher, dass während der Krise Hektik, Ungewissheit, Verwirrung und Zeitdruck die tägliche Routine aushebeln werden. Erschwerend muss man erwarten, dass kritische Ressourcen wegfallen. Wir erinnern uns an die stark eingeschränkte Verfügbarkeit von alltäglichen Dienstleistungen während der Pandemie.

Trotz Einschränkungen kann die BCM-Organisation auf Prioritäten setzen, die in Ruhe durchdacht und nicht aus der Hektik und Verlegenheit der Krise geboren wurden. Dabei strahlt sie Souveränität aus, schafft Ordnung im Chaos und wird zum Orientierungspunkt für Mitarbeitende und Bürger.

Bei Unternehmen ist ein integrales Risikomanagement als Führungsinstrument nicht mehr wegzudenken. Durch die immer komplexer werdenden Gemeindeaufgaben ist die Einführung einer systematischen Lösung auch bei der öffentlichen Hand ein Muss.

Schnelligkeit und Wandlungsfähigkeit sind die Währung in einem immer unbeständigeren und komplexeren Arbeitsumfeld in der Verwaltung wie in der Privatwirtschaft. Dies fordert geistige Agilität und strukturelle Flexibilität. Eine BCM-Organisation schafft nebst kritischen Instrumenten wie BIA und Notfallplänen schliesslich auch Denkmuster und Arbeitsabläufe, die es erlauben, sich schnell anzupassen. Das hilft nicht nur, die Krise zu überstehen, sondern schafft auch Zeit und Raum, um all die neuen Möglichkeiten und Chancen zu erkennen, die jede Krise mit sich bringt.