Blick auf das winterliche Dorf Jaun.

Jaun verdankt der Schweizer Patenschaft für Berggemeinden viel

16.12.2025
12 l 2025

Die Gemeinde Jaun (FR) steht wie viele Berggemeinden vor grossen finanziellen Herausforderungen: eine grosse Fläche im Berggebiet mit weitverzweigter Infrastruktur, aber wenigen Einwohnerinnen und Einwohnern, kaum Gewerbe und dementsprechend den tiefsten Steuereinnahmen im ganzen Kanton Freiburg. Grössere Investitionen vermag die Gemeinde nur dank der Schweizer Patenschaft für Berggemeinden zu stemmen, wie Gemeindepräsident Jochen Mooser im Gespräch ausführt.

Jaun ist ein kleines Juwel zuhinterst in den Freiburger Voralpen, an der Grenze zum Kanton Bern. Die majestätische Bergkette der Gastlosen auf dem Gemeindegebiet zieht im Sommer Kletter- und Wanderbegeisterte an; im Winter locken ein kleines Skigebiet und Langlaufloipen. Die einzige deutschsprachige Gemeinde im französischsprachigen Greyerzbezirk liegt auf rund 1000 Metern über Meer und ist auf drei Seiten von Bergen umgeben. Die Hauptzufahrt führt über Bulle und Charmey durchs Tal hinauf.

Jaun ist also ein typisches Bergdorf, landwirtschaftlich geprägt, ohne grössere Unternehmen oder Industrie. Der Tourismus ist wichtig und nimmt seit einigen Jahren auch im Sommer zu. Doch mit den grossen Destinationen kann Jaun nicht mithalten. Die Einwohnerzahl ist mit 670 eher tief, und im Gegensatz zu vielen boomenden Freiburger Gemeinden kämpft das Dorf mit Abwanderung. Dazu kommt eine grosse Fläche im Berggebiet, die eine aufwendige Infrastruktur erfordert: Lawinen-, Steinschlag- und Bachverbauungen sowie ein weitverzweigtes Trinkwassernetz. Nicht zuletzt belasten Jaun wie viele andere Gemeinden auch steigende gebundene Ausgaben, zum Beispiel im Gesundheitsbereich.

Grosse finanzielle Herausforderungen

Die Bergidylle trügt also, denn diese Ausgangslage bringt grosse finanzielle Herausforderungen mit sich. Gemeindepräsident Jochen Mooser hält fest: «Wir sind die ärmste Gemeinde im Kanton Freiburg.» Jaun hat den höchsten Steuersatz im ganzen Kanton – aber dennoch die tiefsten Steuereinnahmen. Zwar gibt es einen innerkantonalen Finanzausgleich, von dem Jaun Mittel erhält, aber Jochen Mooser erläutert: «Wir haben in Freiburg keinen Mechanismus, der ein gewisses Mindest-Niveau für die ärmsten Gemeinden garantiert.» Dazu kommt, dass der Kanton Freiburg selbst eher finanzschwach ist.

Hier kommt die Schweizer Patenschaft für Berggemeinden ins Spiel, die seit 1940 Gemeinden in den Berggebieten unterstützt. Gemeinden und öffentlich-rechtliche Körperschaften können Gesuche für die Finanzierung bestimmter Projekte bei der Patenschaft einreichen, die diese anschliessend prüft. Kommt eine Hilfe infrage, vermittelt die Organisation zwischen finanzstarken Gemeinden und Gönnern sowie den Gesuchstellern. Sie leistet auch selbst pro­jekt­be­zo­ge­ne Direkthilfe aus Mitteln ihrer jähr­li­chen Sammelaktion und Erbschaften.

«Ohne die Patenschaft für Berggemeinden gäbe es die Gemeinde Jaun in der heutigen Form vielleicht nicht mehr.»

Jochen Mooser, Gemeindepräsident Jaun (FR)

Zahlreiche Projekte unterstützt

Jaun hat für den Bau eines neuen Schulhauses Anfang der 1970er-Jahre erstmals ein Gesuch bei der Schweizer Patenschaft für Berggemeinden eingereicht und ist seither treues Mitglied. Auf die Frage, welche Projekte in den letzten Jahren mithilfe der Patenschaft umgesetzt wurden, antwortet Jochen Mooser: «Die Frage ist eher, welche Projekte haben wir ohne Patenschaft realisieren können.» Die Liste der unterstützten Projekte ist lang: Zuletzt eine neue Brücke für rund 500 000 Franken, diverse Bachverbauungen und die Erneuerung des Trinkwassernetzes über die letzten 15 Jahre.

«Eigentlich müsste die Trinkwasserinfrastruktur über Gebühren finanziert werden», erläutert Jochen Mooser. «Doch unser Trinkwassernetz ist aufgrund der geografischen Lage weitverzweigt, allein der Hauptast ist zehn Kilometer lang. Wenn wir das über die Gebühren finanzieren müssten, müssten wir diese so stark anheben, dass sie für unsere Einwohnerinnen und Einwohner kaum noch zahlbar wären.»

Freundschaftliche Beziehung

Mit einigen der Gönnergemeinden hat sich über die Jahre eine freundschaftliche Beziehung ergeben. «Gegenseitige Besuche der Gemeinderäte sowie die Teilnahme an Veranstaltungen haben das Verständnis füreinander vertieft und den Austausch gefördert», sagt Jochen Mooser. Jaun habe auch verschiedene Vereine und Schulen aus den Gönnergemeinden willkommen heissen dürfen, die ihre Sportlager oder Ausflüge extra im Freiburger Bergdorf geplant hatten. Auch verschiedene Verantwortliche der Patenschaft waren schon mehrmals in Jaun zu Gast, und eine Jauner Delegation reist jedes Jahr an die Patenschaftsversammlung in Zürich. Die tiefe Dankbarkeit für die Schweizer Patenschaft für Berggemeinden zeigte Jaun auch durch die Erteilung von Ehrenbürgerschaften an Gründer oder Präsidenten der Organisation.

Die grosse Verbundenheit kommt nicht von ungefähr. Jochen Mooser ist überzeugt: «Ohne die Patenschaft für Berggemeinden gäbe es die Gemeinde Jaun in der heutigen Form vielleicht nicht mehr.» Die Verschuldung der Gemeinde wäre so gross, dass sie wahrscheinlich vom Kanton unter Zwangsverwaltung gestellt worden wäre. «Oder wir müssten gewisse Quartiere der Gemeinde aufgeben, weil wir die Sicherung vor Naturgefahren nicht mehr finanzieren könnten.» Dank der Patenschaft ist die Gemeinde noch zahlungsfähig und kann die dringend benötigte, umfangreiche Infrastruktur finanzieren und unterhalten.

Schweizer Patenschaft für Berggemeinden

Der Zürcher Arzt Dr. Paul Cattani und seine Ehefrau Olga Cattani gründeten 1940 die Schweizer Patenschaft für Berggemeinden. Ziel ist es, das Gefälle zwi­schen wohl­ha­ben­den und wirt­schaft­lich benach­tei­lig­ten Regionen der Schweiz abzu­bau­en und durch pro­jekt­be­zo­ge­ne Hilfe an finanz­schwa­che Gemeinden, Genossenschaften, Korporationen usw. mit­zu­hel­fen, dass die Bergregionen bewohn­bar, bewirt­schaf­tet und gepflegt bleiben, wie es auf der Website der Patenschaft heisst. Die Organisation bearbeitet jedes Jahr rund 350 Gesuche aus Berggebieten. Zudem hat sie nach dem Bergsturz von Blatten (VS) mehr als 11,7 Millionen Franken für die Soforthilfe gesammelt.

Nadja Sutter
Chefredaktorin «Schweizer Gemeinde»