Der Verein Verd Luterbach: Erich Herrmann, Stefan Liechti, Michael Ochsenbein, Oscar Schmid, Elhamer Cani (Präsident), Philippe Studer, Luigi Fragale (v. l.)

Lebendige Städte und Quartiere dank der Genossenschaft Verd

11.12.2025
12 l 2025

Die Genossenschaft Verd ermöglicht es der Bevölkerung, Geld für Projekte in ihrem Wohnort zu erwirtschaften und diese selbst umzusetzen. Die politische Gemeinde entscheidet, ob diese Mittel vor Ort genutzt – sogenannt aktiviert – oder anderen Gemeinden überlassen werden. Durch das Engagement der Bevölkerung entsteht gesellschaftlicher Mehrwert – gleichzeitig werden Gemeindebudgets entlastet.

Die Verd Purpose Genossenschaft mit Sitz an der Marktgasse 55 in Bern ist strikt nach Verantwortungseigentum ausgerichtet (siehe dazu purpose-schweiz.org). Jede in der Schweiz wohnhafte Person und jede in der Schweiz ansässige Firma oder Organisation kann mit dem Kauf eines Anteilscheins von fünf Franken Genossenschafterin und Genossenschafter werden und so über die Verwendung der Gelder mitbestimmen. Stand Mitte November 2025 sind dies 1150 Genossenschafterinnen und Genossenschafter, verteilt auf über 350 Gemeinden.

Für jede Gemeinde ist ein sogenannter Gemeindetopf angelegt. Dieses Konto sammelt automatisch einen Anteil der Einnahmen aus Transaktionen mit der Bezahllösung Verd.cash, abhängig vom Wohnsitz der zahlenden Personen. Die politischen Gemeinden entscheiden, ob sie das Geld in ihrem jeweiligen Gemeindetopf für Projekte vor Ort nutzen wollen. Nach Riggisberg (BE) und Heitenried (FR) war Luterbach (SO) die dritte Gemeinde, die den Gemeindetopf aktiviert hat. Michael Ochsenbein, ehemaliger Gemeindepräsident von Luterbach, erklärt im Interview, wie es dazu gekommen ist.

Michael Ochsenbein, wie haben Sie von Verd erfahren?

Verd hatte alle Gemeinden mit einer E-Mail angeschrieben. Als Gemeindepräsident kriegt man täglich Dutzende Werbemails von allen möglichen Organisationen. Diese E-Mail hatte aber mein Interesse geweckt, und ich ging dem nach.

Was ist dann passiert?

Ich habe die Informationen auf Verd.swiss gelesen und mich anschliessend mit der Vorbereitungsgruppe des Zukunftsrats ausgetauscht. Es tönte alles gut, eigentlich zu gut. Wir beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen, und haben Verd zu Gesprächen nach Luterbach eingeladen. Dabei wurden viele kritische und Detailfragen gestellt. Nach zwei Runden und zusätzlichen Abklärungen kamen wir zur Überzeugung, dass alles korrekt ist und für die Gemeinde kein Risiko besteht.

«Nach zwei Gesprächsrunden und zusätzlichen Abklärungen kamen wir zur Überzeugung, dass alles korrekt ist und für die Gemeinde kein Risiko besteht.»

Michael Ochsenbein, ehemaliger Gemeindepräsident von Luterbach (SO)

Seit der Aktivierung ist ein Jahr vergangen. Was ist Ihr Fazit?

Heute stellen wir fest, dass sich die Aussagen von Verd bewahrheiten und Verd funktioniert. Als Behörde war unser Aufwand minim, und auch für die Verwaltung entstand kein Aufwand. Ein lokaler Verd-Verein wurde gegründet, in dem ich aktiv mitmache. Aber für den Gemeinderat war das Aktivieren des Topfes die einzige Tätigkeit, die er machen musste. Erste Impulse sind bereits spürbar. Verd bewegt die Einwohnerinnen und Einwohner. Mit der ersten Verd-Dienstleistung (Anmerkung: die Bezahllösung Verd.cash) kann in mehreren Geschäften eingekauft werden, und erste Gelder fliessen in den Gemeindetopf Luterbach. Und Gelder fliessen ja nicht nur nach Luterbach, seit dem Start von Verd.cash sind es bereits 115 Gemeinden, die Geld erhalten.

Was würden Sie anderen Gemeinden empfehlen?

Ich empfehle, die Aktivierung des Gemeindetopfs so schnell wie möglich vorzunehmen. Es gibt keinen Grund, zuzuwarten. Und aufgrund unserer Erfahrung: Verliert keine Zeit mit der Suche nach dem Haken, investiert eure knappen Ressourcen in die Ausgestaltung einer an die lokalen Gegebenheiten und Bedürfnisse angepassten Umsetzung. Die effektive Umsetzung könnt ihr anschliessend getrost Verd und der Bevölkerung übergeben.

Und ihr Wunsch für Luterbach?

Mein Wunsch und meine Hoffnung sind, dass sich das Verd-Virus in Luterbach rasch ausbreitet, und viele Luterbacherinnen und Luterbacher die Möglichkeit, unser Dorf noch lebendiger zu machen, wahrnehmen. Gespannt blicke ich auf die bevorstehende Mittelverteilrunde. In Riggisberg haben die Verd-Genossenschafterinnen und -Genossenschafter die Ludothek mit 6000 Franken unterstützt und 5700 Franken für die Sanierung eines Waldschulplatzes gesprochen. Ich werde auch Projektideen eingeben und bin gespannt, wie die Diskussionen laufen werden. Momentan sind wir noch Living Lab und testen alle Abläufe aus, sodass die nachfolgenden Gemeinden auf unseren Erfahrungen und der anderen Living-Lab-Gemeinden aufbauen können.

Christian Wohlwend
Verd Purpose Genossenschaft