Die Gemeinde Nyon hat ihren Boden im Baurecht einer Genossenschaft überlassen. Diese realisierte darauf das «Ecoquartier du Stand».

Nyon bereitet den Boden für ein «Ecoquartier»

03.05.2022
5 | 2022

Ein Beispiel aus dem Kanton Waadt zeigt auf, wie Gemeinden mittels Baurechtsverträgen gezielt die Siedlungsentwicklung steuern und das Wohnangebot optimieren können.

Im Norden von Nyon, im Gebiet Le Stand, entsteht zurzeit das erste Ecoquartier der Stadt. Das «Ecoquartier du Stand» zeigt exemplarisch auf, wie Gemeinden ihren Boden mit der Vergabe von Baurechten nutzbringend bewirtschaften können.

«Nyon besitzt nur wenig eigenen Boden», sagt Stadträtin Stéphanie Schmutz. «Das führt dazu, dass wir bezüglich Wohnangebot in einer schwierigen Situation sind.» Die Gemeinde liegt im Grossraum Genf. Viele Leute seien auf Wohnungssuche, die Mietpreise in der Region dementsprechend hoch.

Dem will Nyons Stadtrat entgegenwirken. Vor gut zehn Jahren hat die Gemeinde deshalb einen Wettbewerb lanciert, um das Gebiet Le Stand zu überbauen. Durchgesetzt hat sich die «Coopérative de l’habitat associatif», kurz CODHA. Die Genossenschaft erhielt den Boden von der Gemeinde Nyon für 99 Jahre im Baurecht.

Mittlerweile hat die CODHA das «Ecoquartier du Stand» praktisch realisiert. Viele Bewohnerinnen und Bewohner sind bereits eingezogen; bis Juni soll das genossenschaftliche Bauprojekt definitiv abgeschlossen werden. Das Ecoquartier beherbergt in drei Gebäuden gesamthaft 131 Mieteinheiten, die praktisch alle bereits vermietet werden konnten. Bei den meisten handelt es sich naturgemäss um Wohnungen – aber es gibt auch eine Kinderkrippe mit 44 Plätzen, einen Musikraum, einen Hauswirtschaftsraum, ebenso einen Raum für Kinder und Jugendliche. Ein grosszügiger Gemüsegarten, Dachterrassen sowie Pergolen und ein Carsharing runden das Angebot des Ecoquartiers ab.

Typisch für das genossenschaftliche Wohnen ist dabei, dass die Mieten grundsätzlich unter den üblichen Marktpreisen liegen. Ein Teil der Mieteinheiten wird von Kanton und Gemeinden subventioniert, für einen anderen Teil übernimmt die öffentliche Hand eine Solidarbürgschaft. Dieses Modell garantiere eine soziale und generationenübergreifende Durchmischung in der kleinen «Stadt in der Stadt», sagt Stéphanie Schmutz. Vom genossenschaftlichen Bauprojekt profitieren aber nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner, sondern auch die Gemeinde Nyon. Durch die Projektvergabe im Baurecht konnte sie attraktiven Wohnraum schaffen, ohne auf die Eigentumsrechte ihres Bodens verzichten zu müssen.

Fachtagung Baurecht

Das Wohnraumangebot ist einer der wichtigsten Pfeiler für die strategische Entwicklung von Gemeinden. Doch wie sollen gemeinnützige Baurechtsverträge ausgestaltet sein, damit beide Seiten davon profitieren und langfristig preisgünstiger Wohnraum entsteht? Dieser Thematik widmet sich der Verband Wohnbaugenossenschaften Schweiz an einer Fachtagung in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Gemeindeverband, dem Schweizerischen Städteverband und dem Bundesamt für Wohnungswesen.

Die Tagung ist für Vertreterinnen und Vertreter von Städten und Gemeinden die ideale Gelegenheit, sich mit der Thematik von Baurechtsverträgen vertraut zu machen und mit Fachleuten in Kontakt zu treten. Die Tagung findet am Donnerstag, 30. Juni, von 13 bis 17 Uhr im Hotel National in Bern statt. Programm und Anmeldung unter: www.baurechtstagung.ch

Fabio Pacozzi
Leiter Kommunikation
Schweizerischer Gemeindeverband