Begrünte Rabatten und Bauminseln: Uzwil (SG) hat schon viele Projekte umgesetzt.

So wird Uzwil zur Schwammstadt

05.08.2025
7-8 l 2025

Im Zusammenhang mit der Klimaanpassung im Siedlungsraum werden die Prinzipien «Schwammstadt» oder «blau-grüne Infrastrukturen» immer relevanter. Weil die Verantwortlichen der Ostschweizer Gemeinde Uzwil (SG) realisiert haben, wie wichtig eine wassersensible Siedlungsentwicklung ist, erarbeiteten sie gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Holinger AG die Potenzialstudie Schwammstadt.

Im Rahmen der Revision der Ortsplanung 2021 (OPR) und der Generellen Entwässerungsplanung (GEP) begann Uzwil (SG), sich mit einem klimaangepassten Wassermanagement auseinanderzusetzen. «Um die Erwartungen an eine Schwammstadt sowie die Bedürfnisse der Bevölkerung abzuholen, organisierten wir erst Workshops», berichtet Christoph Paly, Bereichsleiter Bau der Gemeinde Uzwil. In einem nächsten Schritt wurde die Grundlagenanalyse erarbeitet, in welcher Punkte wie Topografie, Versickerung, Grundwasser, Nutzung, Belastung und Eigentum unter die Lupe genommen wurden. Mittels GIS-basierter Analysen erarbeitete danach das Ingenieurbüro prioritäre Standorte mit konkreten Umsetzungsmöglichkeiten für Schwammstadt-Massnahmen. Diese Studie dient der Gemeinde nun als strategisches Planungsinstrument.

«Wir haben bereits viele kleinere Projekte umgesetzt und beispielsweise Wände entlang von Strassen begrünt. Im Zusammenhang mit der Umsetzung von Tempo 30 gestalteten wir begrünte Rabatten und Bauminseln», so Christoph Paly. In Uzwil werde keine Strasse mehr saniert, ohne zu überprüfen, welche Schwammstadt-Elemente realisiert werden können. Er sieht in Strassen, die zwischen 1960 und 1980 gebaut wurden, grosses Potenzial für eine attraktive Umgestaltung zu modernen Quartierstrassen mit viel Grün und hoher Aufenthaltsqualität für die Bevölkerung.

In Uzwil sind grosse Flächen durch Industrieanlagen versiegelt. «Dort kann man Verständnis für das Konzept Schwammstadt schaffen und gemeinsam mit Eigentümern zukunftsgerichtete Projekte entwickeln», so Christoph Paly. Kommen Areale in neue Hände, geht er proaktiv auf die Käufer zu, um diesen die Vorstellungen der Gemeinde betreffend eine wassersensible Siedlungsentwicklung zu unterbreiten. Es sei wichtig, Akteure zu verbinden.

Vorausdenken und Chancen erkennen

Dank des proaktiven Handelns der Gemeinde und dem frühzeitigen Erkennen der Chance wird der seit 100 Jahren eingedolte Hueberbach auf einer Strecke von 360 Metern innerhalb des Siedlungsraums offen gelegt. Damit können Hochwasserschutz sowie die ökologische Vernetzung verbessert und neue Langsamverkehrsverbindungen geschaffen werden. Die Offenlegung erfolgt zusammen mit der Überbauung Lindenpark und Anpassungen der Gartenstrasse. Dieses komplexe Projekt erfordert eine umfassende Zusammenarbeit vom Wasser-, Hoch- und Tiefbau, von der Raumplanung, dem Brückenbau und den Landschaftsarchitekten. «Um es in Rekordzeit von dreieinhalb Jahren zu erarbeiten, war es zentral, dass sich alle Beteiligten die gemeinsame Vision klar vor Augen hielten», so der Bereichsleiter.

Ein weiterer wesentlicher Schritt der Gemeinde in Richtung Schwammstadt ist das neue Entwässerungssystem der Sportstrasse sowie grosser Einzugsgebiete entlang naher Strassen. Sauberes Regenwasser, das auf versiegelten Flächen von Strassen, Trottoirs und Parkplätzen anfällt, gelangte über das Kanalnetz in die Kläranlage und belastete das System. Künftig wird es zurückgehalten, versickern oder in den Dorfbach, die Uze, und damit in den natürlichen Kreislauf gelangen.

«Mit bereits umgesetzten kleineren Massnahmen zeigen wir das Potenzial eines klimaangepassten Wassermanagements auf.»

Christoph Paly, Bereichsleiter Bau der Gemeinde Uzwil (SG)

Überzeugen durch Aufzeigen und eine gute Kommunikation

Die meisten Massnahmen im Zusammenhang mit Entsiegelungsüberlegungen werden über das ordentliche Budget im Rahmen des Strassenunterhalts – also der Erfolgsrechnung – getragen. Einzig beim Projekt Hueberbach leisten auch Bund und Kanton finanzielle Beiträge. Ein Teil der Kosten wird zudem durch Investoren des angrenzenden Hochbauprojekts übernommen.

Um Politiker für Schwammstadt-Massnahmen zu überzeugen, setzt Christoph Paly auf Beispiele. «Mit bereits umgesetzten kleineren Massnahmen zeigen wir das Potenzial eines klimaangepassten Wassermanagements auf.» Zudem hat seine Abteilung durch flächendeckende Temperaturmessungen sichtbar gemacht, dass in einzelnen Wohnquartieren bis zu 20 Tropennächte vorkommen, in anderen hingegen keine einzige. «So konnten wir aufzeigen, dass Massnahmen zugunsten einer Schwammstadt Auswirkungen auf die Lebensqualität und damit direkt auf die Attraktivität der Gemeinde haben.» Private Liegenschaftseigentümer liessen sich am besten überzeugen, wenn der persönliche Nutzen im Vordergrund stehe.

Schwammstadt-Massnahmen verbessern das Wohnklima, reduzieren Hitze im Sommer und können langfristig sogar Kosten sparen. Begrünte und entsiegelte Flächen steigern die Attraktivität und den Wert der Immobilie. Wichtig sei, mit konkreten, gelungenen Beispielen voranzugehen. Ergänzend dazu braucht es eine zielgerichtete Information über das Gemeindeblatt sowie eine unterstützende, beratende Begleitung. «Am hilfreichsten ist es jedoch, wenn die blau-grünen Themen in der DNA der Mitarbeitenden angekommen sind und diese Freude daran erhalten.»

Schwammstadt

Regenwasser von geringen Niederschlägen wird oberflächennah gespeichert. Es verdunstet direkt von den benetzten Flächen oder steht den Pflanzen zur Verfügung. Bei mittleren Niederschlägen versickert zusätzlich ein Teil des Wassers in tiefere Bodenschichten und reichert das Grundwasser an. Erst bei Starkniederschlägen kommt es zusätzlich zum Oberflächenabfluss. Dieser wird in Abflusskorridoren gezielt abgeleitet. Die für die Regenwasserbewirtschaftung benötigten Freiflächen können auch für andere Nutzungen wie Erholung oder Biodiversität in Anspruch genommen werden. Das Konzept der Schwammstadt betrachtet Regenwasser als Ressource und liefert die Grundlage für einen möglichst schadlosen Umgang mit Starkregenereignissen.

Sarah Sidler
Freie Mitarbeiterin