Das Verkehrshaus Luzern ist ganzjährig gut besucht – die Anzahl Parkplätze hingegen ist beschränkt.
Bild: zvg.

Tourismusmagnete als raumplanerische Herausforderung

21.10.2021
10 | 2021

Freizeitparks bedeuten für Gemeinden und Städte oftmals einen wirtschaftlichen Mehrwert, bringen aber auch neue Aufgaben mit sich – etwa im Bereich Raumplanung oder Verkehr.

Wer weiss, wo die Gemeinde Wäldi liegt? Vielleicht ist das Conny-Land in Lipperswil ein Begriff? Der Freizeitpark im 300-Seelen-Dorf, das politisch zur Gemeinde Wäldi im Kanton Thurgau gehört, gilt seit Jahrzehnten als Ausflugsziel von regionaler und überregionaler Bedeutung. Was einmal mit einem Zelt und Delfinen im Jahr 1979 begonnen hat, hat sich zum grössten Freizeitpark der Schweiz unter der Leitung der Familie Gasser entwickelt. «Das Conny-Land ist ein wichtiger Tourismusbetrieb für den Kanton, die Region und die Gemeinde Wäldi und nicht mehr wegzudenken», sagt Gemeindepräsident Adrian König und fügt hinzu: «Als kleine Landgemeinde sind wir natürlich auch etwas stolz darauf, dass der grösste Freizeitpark der Schweiz in unserer Gemeinde liegt.»

Mit 60 bis 70 Angestellten während der Saison ist der Freizeitpark ein für die Gemeinde wichtiger Arbeitgeber. Doch nicht nur die Gemeinde selbst profitiert laut Adrian König vom Conny-Land, auch viele Zulieferer aus der Region arbeiten mit dem Park zusammen. Da das Conny-Land ein hohes Investitionsvolumen aufweist, profitieren zudem Unternehmen aus der Baubranche davon. «Generell bleibt die Wertschöpfung in der Region», stellt Adrian König fest.

Herausforderungen im Raumplanungsprozess

Als Freizeitpark ist das Conny-Land darauf angewiesen, seinen Gästen immer wieder neue Attraktionen zu bieten. Seit dem Wegfall der Delfine im Jahr 2012 ist der Park um eine wichtige Hauptattraktion ärmer. Der Park versucht laut Adrian König,  dies mit neuen Bahnen zu kompensieren. Diese brauchen jedoch Platz und stellen den Raumplanungsprozess vor gewisse Herausforderungen. Ebenfalls neue Lösungen sind im Bereich Verkehr gefragt. Das Conny-Land ist verkehrstechnisch gut erschlossen und ab der Autobahn über die Kantonsstrasse in sieben Minuten erreichbar.

An Spitzentagen halten sich bis zu 2500 Gäste im Conny-Land auf.  Vor allem im Frühjahr bei schöner Witterung und an Feiertagen kann es laut Adrian König schon vorkommen, dass die vorhandenen Parkplätze nicht ausreichen und entlang von Quartierstrassen parkiert werden muss. Dank den Tourismusbetrieben in der Region wurde das ÖV-Angebot mit neuen Postautoverbindungen ausgebaut. Trotzdem fahren viele Gäste mit dem Privatauto ins Conny-Land, so Adrian König .

«Wir stehen hinter dem Conny Land»

Gespräche mit dem Kanton für eine Erweiterung des Parks mit Parkplätzen haben bereits stattgefunden, ebenso existieren Ideen für die Verbesserung der Verkehrssicherheit im Bereich Conny-Land und Golfplatz, Lipperswil. «Um den Besuchern weiterhin eine attraktive Erlebniswelt bieten und gegen die ausländischen Parks bestehen zu können, soll dem Conny-Land eine Erweiterungsmöglichkeit gegeben werden», findet Adrian König. Eine Parkerweiterung sei allerdings nur möglich, wenn Flächen aus dem kantonalen Kontingent für Spezialbauten zur Verfügung gestellt werden; dafür braucht es die Zustimmung und die Bereitschaft des Kantons. Eine Umwandlung der bestehenden Landwirtschafts- in Freizeitzonen ist an strenge Bedingungen geknüpft und verlangt nach einem raumplanerischen Gesamtkonzept, wie Adrian König erläutert.

«Als Gemeinde stehen wir hinter dem Conny-Land und unterstützen den Betrieb, so gut wir können», sagt der Gemeindepräsident, der von seinem Büro aus das Conny-Land im Blickfeld hat. Aufgrund der Grösse des Betriebs stehen er und die Gemeindeverwaltung mit diesem meist etwas mehr in Kontakt als mit anderen Firmen. In Bau- oder speziellen Anlassgesuche sei der ganze Gemeinderat involviert. «Die kurzen Wege wie auch die unkomplizierte Kommunikation sind wichtige Bedingungen für die gute Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und dem Conny-Land», erklärt Adrian König. Auch zu den Anwohnern pflege der Park einen regelmässigen Austausch und Kontakt. Alle zwei bis drei Jahre werden die Anwohner und Gemeinderäte zu einem Treffen eingeladen, während diesem die Parkverantwortlichen neue Projekte vorstellen.

«Nachhaltige touristische Entwicklung»

Auch in der Gemeinde Eschenbach (SG), wo sich ein Freizeitpark mit Seilpark, Rodelbahn, Streichelzoo, Übernachtungsmöglichkeiten sowie das kleine Skigebiet der Sportbahnen Atzmännig AG befindet, wird bewusst ein offener und permanenter Dialog zwischen den Parkverantwortlichen und den Behörden gepflegt, wie  Gemeindepräsident Cornel Aerne sagt.

Für viele touristische Anliegen agiert der «Verein Goldingertal Eschenbach» als Schnittstelle zwischen dem Atzmännig, den weiteren lokalen Anbietern und der Gemeinde. Die örtliche Tourismusorganisation vernetzt und koordiniert die touristischen, landwirtschaftlichen und kulturellen Anliegen in der ganzen Gemeinde Eschenbach und den benachbarten Gebieten. Zugleich fördert sie die Vermarktung von einheimischen Produkten und Freizeitangeboten unter einem einheitlichen Logo und engagiert sich dafür, dass die Synergien aus dem Tourismus bestmöglich genutzt werden. Als Kompetenzzentrum für Tourismus entwickelt der Verein – in Absprache mit dem Gemeinderat – Konzepte zur Schaffung neuer Angebote und Strategien für eine nachhaltige touristische Entwicklung. Dieses Engagement ist laut Cornel Aerne in einer Leistungsvereinbarung zwischen dem Verein und der Gemeinde geregelt.

Steigerung der Standortattraktivität

«Die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde, dem Verein Goldingertal und der Sportbahnen Atzmännig AG funktioniert einwandfrei und sehr konstruktiv», bestätigt der Gemeindepräsident. Darüber hinaus ergeben sich aus der Geschäftstätigkeit der Sportbahnen Atzmännig AG auch weitere direkte Schnittpunkte zur Gemeinde – etwa, wenn der Betrieb für das weitere Wachstum Baubewilligungen einholen muss oder wenn es darum geht, die Zufahrt für den Individual- und den öffentlichen Verkehr zu regeln. «Dabei gibt der gesetzliche Rahmen den Spielraum vor und der Freizeitpark ist allen anderen Unternehmen im Gemeindegebiet gleichgestellt», sagt Cornel Aerne. Die Gemeinde sei grundsätzlich an erfolgreichen und gesunden Unternehmen interessiert. Der Atzmännig habe als Freizeitpark eine Strahlkraft, die weit über die Gemeinde hinausgehe. «Das vielseitige Angebot steigert die Standortattraktivität Eschbachs, zugleich prägt das gut geführte Unternehmen indirekt das Image der Gemeinde», freut sich Cornel Aerne. Weiter biete der Freizeitpark rund 25 fixe Arbeitsplätze, die zu einem Grossteil durch Einwohnerinnen und Einwohner aus der Gemeinde Eschbach belegt sind. Hinzu kommen über hundert flexible Anstellungen, die Landwirten aus dem Goldingertal ganzjährig einen attraktiven Nebenerwerb ermöglichen. Das lokale Gewerbe profitiere zudem von den zahlreichen Tages- und Übernachtungsgästen.

Positive wirtschaftliche Entwicklung

Manchmal wird der Innovationsdrang der Sportbahnen Atzmännig laut Cornel Aerne durch gesetzliche Auflagen gebremst, die sich vor allem ausserhalb der Bauzone ergeben. Das gesamte Areal der Sportbahnen Atzmännig AG teilt sich auf in Intensiverholungszone, Tourismus und Freizeit Camping, Wohn- und Gewerbezone, Wald wie auch Freihaltezone für Sport und Freizeit. «Durch die positive wirtschaftliche Entwicklung und den im Grundsatz erfreulichen Innovationsdrang des Unternehmens gilt es immer wieder, nach Möglichkeiten zu suchen, um den Wachstumsbedarf der Organisation mit den raumplanerischen Vorgaben und den Bedürfnissen der Bevölkerung in Einklang zu bringen», sagt der Gemeindepräsident und nennt den Campingplatz, der sich seit über 40 Jahren auf dem Areal der Sportbahnen befindet, als Beispiel: Der Campingplatz liege gemäss Natur- und Massnahmengefahrenkarte im roten Gefahrenbereich. «Hier müssen wir in den nächsten Monaten gemeinsam nach möglichen Lösungen zur Entschärfung suchen.» Die Vorarbeiten seien aktuell durch entsprechende Ingenieurkonzeptionsarbeiten in die Wege geleitet worden.

Arbeit an neuer Tourismusstrategie

Der Atzmännig bringt ein höheres Verkehrsaufkommen und eine verstärkte Nutzung der öffentlichen Infrastruktur mit sich. Dies hat laut Cornel Aerne einen Einfluss auf die Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner wie auch auf die Natur. Ein regelmässiger Austausch soll die Weichen für einen nachhaltigen und verträglichen Tourismus stellen. Auch wenn das Atzmännig-Gebiet gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen ist, reist ein Grossteil der Besucherinnen und Besucher mit dem eigenen Auto an. Der zunehmende Mehrverkehr – insbesondere an sonnigen Wochenenden – ist für die Bevölkerung an dieser Verkehrsachse laut Cornel Aerne eine gewisse Belastung. Die Thematik soll im Rahmen einer überarbeitenden Tourismusstrategie angegangen werden.

Seit wenigen Wochen bewirtschaftet die Atzmännig AG ihre zahlreichen Parkplätze auf dem Gelände. «Es besteht eine leise Hoffnung, dass einige Gäste aus diesem Grund auf das attraktive Busangebot umsteigen werden», sagt Cornel Aerne. Allerdings werde der Freizeitpark auch in Zukunft peripher liegen, und der motorisierte Individualverkehr dürfte somit weiterhin ein Thema bleiben. Neben einer Erhöhung der Besucherströme arbeiten Gemeinde und Parkverantwortliche an einer neuen Tourismusstrategie, in der das Bike-Angebot, der Ausbau des Wanderwegnetzes und die Schaffung neuer Themenwege demnächst konkretisiert werden.

Eine Milllion Besucher pro Jahr

Für die Stadt Luzern ist das Verkehrshaus einer der wichtigsten Magnete, der jedes Jahr knapp eine Million Besucherinnen und Besucher anziehen. «Das Verkehrshaus mit seiner schweizweiten Ausstrahlung bringt unserer Stadt wie auch dem Kanton eine hohe Wertschöpfung auf verschiedenen Ebenen», bestätigt Letizia A. Ineichen, Leiterin Kultur und Sport der Stadt Luzern, die Bedeutung des Verkehrshauses.

Dieses wird – neben dem Lucerne Festival, dem Luzerner Theater, dem Luzerner Sinfonieorchester und dem Kunstmuseum Luzern – jährlich mit einem namhaften Subventionsbeitrag unterstützt. Regelmässig stehen die Behörden, darunter auch der Stadtrat, in Kontakt mit der Direktion des Verkehrshauses. Zwischen den Stadtbehörden und dem Verkehrshaus gibt es – so Letizia A. Ineichen – zahlreiche Schnittstellen zwischen Kultur, Sport, Raumplanung, Immobilien und Mobilität. Zudem verfügt das Verkehrshaus über ein Baurecht der Stadt Luzern.

Massgeschneiderte Rahmenbedingungen

Vor allem die Verkehrs- und Raumplanung beschäftigen die Direktion des Verkehrshauses und die Behörden intensiv. «Aufgrund der Lage und der Ausrichtung des Verkehrshauses braucht es massgeschneiderte Rahmenbedingungen für nachhaltige und flexible Lösungen etwa in den Bereichen Verkehr, Lärmbelastung oder auch bei baulichen Veränderungen», sagt Letizia A. Ineichen. Derzeit sind die Behörden daran, eine Sonderzone für das Verkehrshaus zu erarbeiten, weil die Jugendherberge neu in das Verkehrshaus verlegt werden soll. Verkehrsmässig ist das Verkehrshaus mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bestens angebunden. Besonders an Wochenenden kann es vorkommen, dass die Parkkapazitäten nicht ausreichen, wie Letizia A. Ineichen berichtet. «Eine Erweiterung der Parkplätze ist in den Gesprächen mit der Stadt immer wieder ein Thema.»

Auf politischer Ebene ist die Entlastung der Hauptachse entlang des Seebeckens vom Verkehrshaus in die Stadt immer wieder Thema politischer Vorstösse. In den kommenden Jahren steht die Sanierung der Schienenhallen 2 und 3 und somit eine längere Bauphase auf dem Programm. «Bei diesem Projekt werden die Stadtbehörden vor allem in den Bereichen Bau und Raumplanung involviert sein», sagt Letizia A. Ineichen.