
Traditionen erhalten und entwickeln
Seit 1923 kreiert und vertreibt die Stiftung Pro Patria das 1.-August-Abzeichen. Der Erlös kommt Renovationen von geschichtlich bedeutsamen Bauwerken zugute. Jährlich profitierten rund 50 historische Objekte zwischen Chiasso und Jura, Bodensee und Genfersee vom 1.-August-Abzeichen.
Früher haben Schulkinder selbstverständlich und mit Freude auf der Strasse Schoggitaler und Abzeichen von Hilfswerken verkauft. Und kurz vor den Sommerferien brachten sie jeweils das 1.-August-Abzeichen unter die Leute. Heute scheinen solche gemeinnützigen Aktionen zur Mitfinanzierung von Schulreisen mit dem Schulbetrieb inkompatibel zu sein oder werden gar als Kinderarbeit verpönt. Glücklicherweise sind heute die Schweizerische Post sowie Tourismusbüros, Hotels und Bäckereien bereit, die 1.-August-Abzeichen zu vertreiben.
Schweizer Kulturerbe fördern
Der Erlös der 1.-August-Abzeichen geht an die Stiftung Pro Patria. Diese unterstützt seit 1909 Renovationen von historischen bedeutsamen Bauwerken in der Schweiz. Und seit 1923 kreiert und vertreibt Pro Patria das 1.-August-Abzeichen, um damit ihre Fördertätigkeit zu finanzieren. In der Deutschschweiz fördert Pro Patria aktuell die Renovation folgender Bauwerke: Kapelle Schloss Wyher in Ettiswil LU, Ruine Palas in Bad Ragaz SG, Pfahlbaubahnhof in Twann BE, Fabrikantenhaus in Schwellbrunn AR, Amtshaus Meienberg in Sins AG, Tanzsaal im Waldhaus von Lützelflüh BE, Burgkapelle St. Verena und Mauritius in Bad Zurzach, Kapuzinerhospiz in Heiligkreuz LU, Ständerhaus in Buus BL, Gasthaus Rössli in Trogen AR, Fassadenmalerei im Haus Antener in Solothurn, Reformierte Dorfkirche in Münchenstein BL, Jugendburg Rotberg in Metzerlen SO, Wandbild im Brüttelenbad BE, Kaskadentreppe in Erlach BE, ein Bauernhaus in Otelfingen ZH, Heimatmuseum Rheinwald, Turm in Halten SO, Schlachtbild in Murten sowie der Audiowalk in der Nagli Winterthur. In der Suisse Romande unterstützt Pro Patria weitere Renovationsprojekte: die Claires Maisons in Lausanne VD, das Bauernhaus Joray in Belprahon BE, mehrere Brunnen in der Region Haute Ajoie und in Le Pâquier im Val-de-Ruz, die Gîte El Jire in Montpreveyres VD und in die Katholische Kirche von Miécourt JU. In der rätoromanischen Schweiz förderte Pro Patria die Renovation der Chesa Torel in Guarda und im Hotel Scaletta in S-Chanf. Und im Tessin leistet Pro Patria Beiträge für die Renovationen der Kirche in Villa Luganese, der Casa Soldati in Vernate, der Foci dal lago in Sonogno, der Capella Mausoleo in Cernesio-Figino und des Saumwegs in Roveredo.
Gesuch N° 24080: Haus zur Treib
Pro Patria fördert im Moment auch die Gesamtsanierung vom Haus zur Treib, die in diesen Wochen beginnt und bis 2027 dauern wird. Das einzigartige Baudenkmal am Vierwaldstättersee, das wie das Rütli in der Urner Gemeinde Seelisberg liegt, gehörte für mehrere Generationen zu den Spitzenreitern unter den Schulreise-Destinationen. Die Orte der Alten Eidgenossenschaft hielten im Haus zur Treib über 70 Tagsatzungen ab. Nun stehen Anpassungen im Küchen- und Sanitärbereich sowie eine Auffrischung der Umgebung samt Hafenanlage an. Auch wird die Erdölheizung durch eine Grundwasserwärmepumpe ersetzt.

Lebendige Traditionen
Neben dem materiellen Kulturerbe fördert Pro Patria auch immaterielle Kulturgüter, zu welchen lebendige Bräuche und Traditionen zählen. Das Bundesamt für Kultur führt eine Liste von mehr als 200 lebendigen Traditionen. Diese Liste umfasst:
künstlerische, sportliche und religiöse Bräuche wie Alphorn, Alpfahrten und Alpsegen, Feldschiessen, Hornussen, Jassen, Kuhkämpfe, Schwingen, Sternsingen und Volksmusik;
historische Anlässe wie Albanifest, Älplerchilbi, Escalade, Fasnacht, Fête des Vignerons, Landsgemeinden, Prozessionen, Sechseläuten, Stierenmärkte, Unspunnen, Wallfahrten und Zibelemärit;
lokale kulinarische, handwerkliche und landwirtschaftliche Fertigkeiten wie Bauernmalerei, Fondue, Köhlern, Maskenschnitzen, Musikspieldosen, Stickerei, Trachtenschneiderei und Wildheuen;
Erinnerung an reale und fiktive Figuren wie Anna Göldi, Heidi, Mani Matter und Schellenursli.
Das Feuer weitergeben
Das Pflegen von Traditionen wird gerne belächelt oder gar als Gegenwartsverweigerung kleingemacht. Fakt ist, dass sich der Mensch und die Gesellschaft umso leichter und angstfreier für Neues öffnen und sich weiterentwickeln, je tiefer sie in ihrer Geschichte und Kultur verwurzelt sind. «Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers», schrieb der französische Politiker Jean Jaurès. Traditionen bilden die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft und tragen Werte an künftige Generationen weiter. Traditionen schaffen ein Gefühl der Zugehörigkeit und bringen Menschen in einer stark individualisierten Gesellschaft zusammen. Traditionen fördern die kulturelle Vielfalt und das Verständnis zwischen verschiedenen Gruppen und Kulturen. Und Traditionen helfen, soziale und kulturelle, politische und wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen und fragwürdigen Tendenzen kritisch zu begegnen. In der aktuellen globalen Situation ist gerade diese Fähigkeit nötiger denn je.
Das diesjährige 1.-August-Abzeichen stellt die Nähe zu den Schweizer Alpen dar. Es besteht aus einem Textilstück des bekannten Edelweiss-Hemdes. Darauf ist ein roter Knopf mit weissem Kreuz angebracht. Das Abzeichen kann man für CHF 5.- online bestellen (https://propatria.ch/shop/) oder an einer offiziellen Poststelle erwerben.
