Podiumsgespräch am Informationsanlass Wärmezukunft.

Wärmezukunft Rheinfelden: Weg von fossilem Gas

06.05.2025
5 l 2025

Rheinfelden (AG) will bis 2035 75 Prozent erneuerbare Wärme – bis 2050 will die Nordwestschweizer Stadt ganz auf fossile Wärme verzichten. In der Folge wird der Betrieb des Gasnetzes zunehmend unwirtschaftlich und soll bis 2050 stillgelegt werden. Im Rahmen des Projekts «Wärmezukunft» hat die Stadt diese Transformation gemeinsam mit der Wärmeversorgerin AEW und der Gasversorgerin IWB geplant und Anfang 2025 kommuniziert – mit überraschend positiven Reaktionen aus der Bevölkerung.

40,1 Prozent fossilfreie Wärme, das 2013 gesetzte Ziel erreicht – so das Rheinfelder Fazit im Energieplan 2020. Dieser hält auch fest, dass der parallele Betrieb von Gas- und Fernwärmenetzen langfristig nicht wirtschaftlich sein kann. Mit Unterzeichnung der Klima- und Energiecharta und mit Blick auf die Zertifizierung als Energiestadt Gold 2022 bekräftigt der Stadtrat das Netto-Null-Ziel für die Aargauer Gemeinde. Neue Energieziele definieren unter anderem, dass bis 2035 75 Prozent der Wärme aus erneuerbarer Energie stammen sollen.

Während die Stadt auf politischer Ebene Weichen für die Zukunft stellt, arbeitet sie gemeinsam mit der Wärmeversorgerin AEW weiter am Ausbau der lokalen Fernwärmenetze. Die Gasversorgerin IWB beobachtet den rückläufigen Gasverbrauch in Rheinfelden – ein Prozess, der sich fortsetzen dürfte. Unabhängig von den Entscheiden in Rheinfelden arbeiteten die IWB daran, ihr Gasnetz zu dekarbonisieren. Als die IWB schliesslich mit der Stadt Rheinfelden Kontakt aufnehmen, rennen sie offene Türen ein.

Das Projekt «Wärmezukunft»

In mehreren Workshops erarbeiten Stadt, die IWB und die AEW gemeinsam einen Stilllegungsplan für das Rheinfelder Gasnetz. «Ein spannender und lehrreicher Prozess, geprägt von guter Zusammenarbeit», berichtet Reto Rigassi, der sich als Präsident der Rheinfelder Energiekommission an den Arbeiten beteiligt. Die Situation in Rheinfelden unterscheidet sich von der vieler anderer Gemeinden: Hier stehen keine grossen, strategischen Ausbauschritte der Wärmeverbünde mehr an – abgesehen womöglich von der Altstadt. Die Verbünde sind im Grossen und Ganzen ausgebaut, es wird nur noch verdichtet und punktuell erweitert. Dadurch hängt die Stilllegungsplanung massgeblich vom Alter der Gasleitung ab: Um Kosten zu minimieren wird zuerst dort stillgelegt, wo Gasleitungen erneuert werden müssten.

Das Resultat ist eine Stilllegung in drei Etappen: 2030 bis 2033, 2034 bis 2038 und ab 2039. Über eine Onlinewärmeplattform zeigt die Stadt für alle Standorte, bis zu welchem Zeitraum Gas zur Verfügung stehen wird. «Damit schaffen wir Planungssicherheit für die Verantwortlichen», erklärt Reto Rigassi. Über den genauen Zeitpunkt der Stilllegung müssen die Liegenschaftseigentümerschaften mindestens fünf Jahre im Voraus informiert werden.

Proaktive, offene Kommunikation

Am 13. Januar 2025 erlebte das Projekt seine Feuertaufe. Im Bahnhofsaal Rheinfelden versammelten sich rund 400 Gäste, um mehr über die Wärmezukunft Rheinfeldens zu erfahren. Die Geschichte sei nicht schwierig zu erzählen gewesen, sagt Stadträtin Claudia Rohrer: «Das Interesse an einer nachhaltigen Energieversorgung in Rheinfelden ist gross. Diesen Pfad will die Gemeinde weitergehen – und in der Folge das Gasnetz schrittweise stilllegen.»

Von den Reaktionen der Bevölkerung auf die Pläne der Stadt wurden alle überrascht. Reto Rigassi erzählt: «Wir teilten 400 Menschen im Bahnhofsaal mit, dass wir ihre Gasanschlüsse stilllegen werden. Natürlich hofften wir auf wenig Opposition. Mit Applaus haben wir aber nicht gerechnet.» Die Eigentümerschaften der Liegenschaften mit Gasanschluss waren persönlich eingeladen worden, alle Interessierten waren willkommen. Rigassi ist sicher: «Die proaktive, offene Kommunikation hat Glaubwürdigkeit geschaffen.» Claudia Rohrer ergänzt: «Wir haben klar gesagt, dass es offene Fragen gibt – die grösste ist wohl die Wärmeversorgung der Altstadt. Wir sind aber optimistisch, auch dafür eine gute Lösung zu finden.»

Langfristiges Projekt

«Wärmezukunft» ist die konsistente Strategie der Stadt Rheinfelden zur Netto-Null im Wärmebereich. Nun geht es an ihre Umsetzung: Im Juni 2025 entscheidet nun die Gemeindeversammlung über eine Entschädigung für Gasgeräte, die zum Zeitpunkt der Abschaltung noch nicht amortisiert sind. Für saubere rechtliche Grundlagen ist eine Erneuerung des Konzessionsvertrag mit den IWB notwendig. Im Herbst 2025 sollen die ersten Liegenschaften über eine Abschaltung an ihren Standorten informiert werden – sie werden 2030 stillgelegt. Die Liegenschaftseigentümerschaften werden während des ganzen Prozesses der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung fachlich unterstützt und begleitet. Die Verantwortlichen bei der Stadt Rheinfelden wähnen sich damit auf dem richtigen Weg, auch die Energieziele 2035 im Wärmebereich zu erreichen und Energiestadt Gold zu bleiben.

Energiestadt – der Verein für kommunalen Klimaschutz

Der Trägerverein Energiestadt ist das Schweizer Netzwerk für Gemeinden mit ehrgeiziger Klima- und Energiepolitik. Rund 500 Energiestädte gestalten die Energiewende mit. Seit über 30 Jahren steht der Verein für Qualität, Partnerschaft und Verlässlichkeit – unterstützt durch Beratung, Zertifizierung und Weiterbildung auf dem Weg zur Netto-Null.

Christine Arnold
Stadt Rheinfelden