Stéphane Schwab setzt sich für die digitale Verwaltung ein.

«Wichtig ist, dass das System einfach zu bedienen ist»

13.05.2022
5 | 2022

Stéphane Schwab leitet das E-Government-Sekretariat des Kantons Freiburg. Im Interview erklärt er, weshalb es sinnvoll ist, wenn Kanton und Gemeinden in Sachen E-Government zusammenarbeiten.

Stéphane Schwab, der Kanton und die Freiburger Gemeinden haben die Initiative DIGI-FR lanciert. Worum geht es da?

Stéphane Schwab: Ziel ist es, dass die Freiburger Bevölkerung E-Government-Dienstleistungen sowohl des Kantons als auch der Gemeinden über eine Plattform beziehen kann. Für die Gemeinden stellt der Kanton einen virtuellen Schalter und Basisdienste zur Verfügung. Die Basisdienste umfassen zum Beispiel ein Programm zur Authentifizierung von Dokumenten, einen Zahlungsdienst oder ein Log-in für die Bevölkerung. Diese Basisdienste erlauben es den Gemeinden, sich auf die Entwicklung der Dienstleistungen zu konzentrieren.

Warum ist es sinnvoll, wenn Kanton und Gemeinden zusammenarbeiten?

E-Government ist ein sehr komplexes Feld. Wenn die 126 Freiburger Gemeinden für sich alleine das Rad neu erfinden müssen, wird es kompliziert. Zum Beispiel wenn es um die E-Inklusion geht, also darum, einen barrierefreien Zugang zu Dienstleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen zu bieten. Wenn wir zusammenarbeiten, können wir Synergien nutzen und der Bevölkerung dieselbe einfache Navigationslogik anbieten. Das ist nicht nur einfacher, sondern auch günstiger für die Gemeinden.

Wie steht es mit der Sicherheit, wenn es ein System für alle gibt?

Es gibt nur einen Zugangspunkt über den virtuellen Schalter, aber dahinter steht nicht eine Datenbank für alles, sondern mehrere verschiedene Systeme. Wir haben sehr hohe Standards für die Sicherheit. Diese können wir nur garantieren, weil wir zusammenarbeiten. Für eine einzelne Gemeinde, gerade eine kleine Gemeinde, könnte es schwieriger und sehr teuer sein, solche Sicherheitsstandards zu entwickeln.

Wie weit ist man mit der Umsetzung von DIGI-FR?

Derzeit testen wir mit Pilotgemeinden aus den sieben Bezirken und den beiden Sprachgemeinschaften zwei E-Government-Dienstleistungen: die elektronische Anmeldung eines Umzugs sowie die Bestellung einer Wohnsitzbestätigung. Die Tests haben Ende 2021 angefangen, wir sammeln in diesen Gemeinden nun Erfahrungen. Danach werden wir wenn nötig die Dienstleistungen anpassen und vorbereiten für die Übernahme von anderen Gemeinden. Dies soll Ende 2022 möglich sein. Unser Ziel ist es, einen Standardkatalog mit verschiedenen E-Government-Dienstleistungen aufzubauen. Die Gemeinden können sich über den Katalog informieren und die gewünschten Dienstleistungen aktivieren.

Wer finanziert das?

Der virtuelle Schalter und die Basisdienste sind vom Kanton Freiburg zur Verfügung gestellt. Der Staatsrat hat zudem Ende 2021 eine Beratungsstelle finanziert, welche die Gemeinden unterstützt. Der Freiburger Gemeindeverband, die Stadt Freiburg und das Rechenzentrum der Gemeinden Deutschfreiburgs arbeiten derzeit an einer Roadmap und ersten Dienstleistungen sowie einem Support-Tool. Ab 2023 sollen die Gemeinden autonom werden.

Sie haben in den letzten Jahren viel Erfahrung mit E-Government gesammelt. Was ist dabei für die Gemeinden besonders wichtig? Und für die Bevölkerung?

Aus Umfragen geht hervor, dass sowohl die Bevölkerung als auch Gemeinden vor allem eines wollen: eine gemeinsame Plattform. Die Leute wollen sich nicht verschiedene Passwörter für verschiedene Dienste merken müssen. Wichtig ist auch eine Navigationslogik, die immer gleich sein sollte, damit sie sich schnell zurechtfinden. Kurz gesagt: Das System muss möglichst einfach zu bedienen sein, sowohl für die Bevölkerung als auch für die Gemeinden. Übrigens ist der virtuelle Schalter in der Bevölkerung bereits angekommen: Umfragen zeigen, dass zum Beispiel bei Zivilstandsdokumenten 65 Prozent Online-Dienste nutzen. In Freiburg haben sich bereits 97 000 Personen für die kantonalen Dienstleistungen registriert.

Zur Person

Stéphane Schwab hat einen EMBA in ICT Management und unter anderem in der Berufsbildung und beim Eidgenössischen Institut für Metrologie gearbeitet, bevor er 2015 die Leitung des E-Government-Sekretariates des Kantons Freiburg übernahm. Er ist Mitglied des operativen Führungsgremiums von Digitale Verwaltung Schweiz und Dozent im Grundkurs Digital-Pionier, der vom Schweizerischen Gemeindeverband unterstützt wird. Er war zudem Gemeinderat und von 2016 bis 2021 Gemeindepräsident von Riaz (FR).

Der Verein iGovPortal.ch

Der Verein iGovPortal.ch entwickelt und unterhält den virtuellen Schalter iGovPortal. Dieser ist eine Lösung für Kantone, um virtuelle Dienstleistungen auf einem einzigen Portal anzubieten. Ursprünglich von den Kantonen Freiburg und Jura initiiert, sind nun sechs Kantone mit dabei: Freiburg, Graubünden, Jura, Luzern, St. Gallen und Solothurn. Die Mitglieder arbeiten zusammen an der Entwicklung des Systems, welches das Portal und Basisdienste umfasst, und stellen Dienstleistungen zur Verfügung.

Tageskonferenz Suisse Public SMART

Stéphane Schwab wird neben vielen anderen am 23. Juni an der Suisse Public SMART in Bern auftreten. Die Tageskonferenz ist ein Ableger der Behördenmesse Suisse Public und sieht sich als zentrale Orientierungs- und Angebotsplattform für Städte und Gemeinden in der Digitalisierungsthematik. Die Konferenz gliedert sich in drei Teile: ein attraktives Konferenzprogramm mit Keynotes, Impulsreferaten und Podien, einen kompakten Ausstellungsbereich für smarte Lösungen und Produkte für Städte und Gemeinden sowie ausreichend Zeit und Raum für Networking und Erfahrungsaustausch. Neben Stéphane Schwab sind unter den Referierenden der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried; Jakob Rager, Direktor CREM Martigny; Delphine Morlier, Leiterin Mobilität BFE, sowie Christoph Niederberger, Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbandes.

Weitere Informationen: www.suissepublicsmart.ch