
Wie sich Münsterlingen auf Notfälle vorbereitet
Stromausfall, Naturkatastrophe, Cyberangriff: Wenn etwas passiert, muss es schnell gehen. Damit die Gemeinde in einem solchen Notfall möglichst handlungsfähig bleibt, hat Münsterlingen (TG) ein Notfallkonzept erarbeitet. Gemeindeschreiberin Caroline Speck erzählt, wie die Gemeinde vorgegangen ist, was es speziell zu beachten gilt und wo sie sich Unterstützung geholt hat.
Es war am Dienstag vor den Nationalratswahlen 2019, als auf der Gemeindeverwaltung in Münsterlingen (TG) plötzlich gar nichts mehr ging. Bei Bauarbeiten im Gemeindehaus wurden versehentlich die Telefonie, das Glasfaserkabel sowie die Stromleitung beschädigt. «Kurzzeitig entstand ein Chaos», erinnert sich Gemeindeschreiberin Caroline Speck. Doch die Gemeinde bekam die Situation rasch in den Griff, bereits am nächsten Tag war eine Notleitung gelegt, und die Auszählung der Resultate der Nationalratswahlen war gesichert.
Dennoch: «Wir mussten feststellen, dass wir keine Erfahrung mit solchen Situationen hatten», sagt Caroline Speck. Dieser Vorfall sowie die Einführung von Notfalltreffpunkten in allen Gemeinden des Kantons Thurgau 2023 motivierten die Gemeinde, ein Notfallkonzept zu erarbeiten. Ein solches brauche es, um im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben, ist die Gemeindeschreiberin überzeugt. «Klar können wir nicht alles voraussehen. Aber das Konzept gibt uns eine gewisse Grundlage, um die Chaosphase möglichst kurz zu halten.»
«Das Konzept gibt uns eine gewisse Grundlage, um die Chaosphase möglichst kurz zu halten.»
Klare Regelung von Zuständigkeiten
Besonders wichtig ist die klare Dokumentation von Zuständigkeiten: Welche Person ist für welche Aufgaben verantwortlich, welche Hierarchien gelten, und wie können die Personen erreicht werden, wenn das Telefon- und das Handynetz zusammenbricht? Gerade für diese Situation hat die Gemeinde ihre Mitarbeitenden in der Benützung des Funknetzes geschult und zudem eine Liste mit allen Funkamateuren, die in der näheren Umgebung wohnen, zusammengestellt .
Überdies hat die Gemeinde Checklisten für Notfallszenarien erstellt. Darin ist unter anderem festgehalten, welche Stellen etwa bei einem Stromausfall schnell informiert werden müssen – zum Beispiel die Aufbahrungshalle. Und auch die Information der Bevölkerung ist geregelt. Diese unterscheidet sich je nach Ereignis, bei kleineren Vorfällen wird über das Lokalradio informiert, bei grösseren über die App AlertSwiss. Zentral ist auch der Notfalltreffpunkt für die Kommunikation mit der Bevölkerung.
Caroline Speck überprüft die Checklisten und Abläufe regelmässig, damit die Angaben zum Beispiel nach Personalwechseln aktuell bleiben. Am Notfalltreffpunkt hat die Gemeinde zudem Kisten mit nützlichem Material wie Taschenlampen oder batteriebetriebenen DAB+-Radios eingerichtet. Auch dieses Material wird im Rahmen von Wiederholungskursen des Zivilschutzes regelmässig geprüft.
Unterstützung des regionalen Führungsstabs
Bei der Erarbeitung all dieser Massnahmen konnte Münsterlingen auf die Unterstützung des regionalen Führungsstabs Kreuzlingen zählen. Dieser bot nicht nur eine Schulung für die Gemeindeschreiberinnen und ‑schreiber der Region an, sondern auch eine spezifische Schulung für die Mitarbeitenden der Gemeindeverwaltung Münsterlingen.
Caroline Speck rät denn auch Gemeinden, die ein Notfallkonzept erarbeiten wollen, zunächst bei bestehenden regionalen Strukturen nachzufragen: «Der regionale Führungsstab hilft gerne.» Auch der Zusammenschluss mit Nachbargemeinden könne sinnvoll sein. In jedem Fall aber gelte: «Von politischer Seite muss die Bereitschaft für Investitionen da sein.» Zum Beispiel müssen Notstromaggregate oder Funkinfrastruktur angeschafft werden.
Mitarbeitende für Cyberangriffe sensibilisieren
Zum Notfallkonzept gehört auch die digitale Infrastruktur. Hier hat Münsterlingen das Vorgehen klar geregelt: «Sofort die Rechner vom Netz nehmen und die IT aufbieten.» Ein externer Dienstleister betreibt die IT für die Gemeinde. Caroline Speck fühlt sich grundsätzlich gut betreut und vorbereitet: «Unsere IT-Infrastruktur wird regelmässig gewartet und durch externe Fachstellen überprüft.» Wichtige Daten seien mehrfach gesichert, und für IT-Vorfälle gebe es klare Abläufe und Zuständigkeiten. Und: «Wir verfügen über alternative Kommunikationswege, falls digitale Systeme ausfallen sollten.» Da die Gemeinde keine IT-Expertinnen und -Experten im Haus habe, gelte es bei Problemen, sich sofort Unterstützung zu holen. Wichtig sei in Bezug auf die Sicherheit aber auch eine regelmässige Sensibilisierung des Personals für mögliche Cyberangriffe.
Caroline Speck ist sich bewusst: Tritt der Ernstfall ein, wird es einen Moment der Überraschung und des Chaos geben. «Wir haben bisher keine Notfälle wie längere Stromausfälle oder grössere Cyberangriffe erlebt und können nicht auf Erfahrungswerte zählen.» Sie fühlt sich dank der Checklisten und der festgelegten Zuständigkeiten gewappnet und befähigt, die Gemeinde rasch wieder in den Regelbetrieb zu führen. Zu hoffen ist natürlich, dass all diese Massnahmen aber gar nie gebraucht werden.